Die Forschung am MPI-CBG beschäftigt sich mit verschiedenen Modellorganismen wie Zebrafisch, Drosophila, dem Fadenwurm C. elegans, Maus, Ratte und Wachtel. Während Tierversuche in der Forschung nach wie vor als unverzichtbar gelten, gibt es viele ethische Bedenken, mit denen sich Forschungsinstitute auseinandersetzen. Dies gilt insbesondere für die Grundlagenforschung. Die Kosten-Nutzen-Analyse ist in der Grundlagenforschung oft schwieriger, da neue Therapien für Krankheiten oft noch weit entfernt sind, um die Arbeit mit Modellorganismen direkt zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) im Dezember 2016 das White Paper „Tierversuche in der Max-Planck-Gesellschaft.“ (https://www.mpg.de/10882259/MPG_Whitepaper.pdf). Darin verpflichtet sich die Max-Planck-Gesellschaft zu einer Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes, zur Förderung von Best Practice und einer Kultur zur Pflege von Versuchstieren. Die MPG fügt dem „3R“-Prinzip (Replacement, Reduction, Refinement), das für den Schutz der Versuchstiere verbindlich ist, ein viertes R für ‚Responsibility‘ hinzu. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MPG sehen sich in einer besonderen Verantwortung, ihr breites wissenschaftliches Know-how in den Dienst des Tierschutzes zu stellen und gleichzeitig die Qualität der Forschung weiter zu verbessern. Zum vierten R gehört auch ein ethischer Diskurs, der auf professioneller Ebene und unter Einbeziehung aller Beteiligten geführt wird.

Tierschutz und eine gute wissenschaftliche Praxis sind seit der Gründung des Instituts zentrale Ziele des MPI-CBG. Durch die kontinuierliche Hinterfragung unserer eigenen Standards und die Berücksichtigung neuester Erkenntnisse sind wir ständig bestrebt, die Qualität des Tierschutzes nach dem 4R-Prinzip zu maximieren. Nachfolgend finden sich einige Beispiele für unsere aktuellen Maßnahmen:

Reduce / Verminderung

  • Gründliche und eingehende Tests des genetischen Hintergrunds von Mäusen haben dazu geführt, dass die Zahl der Mäuse in mehreren Projekten erheblich reduziert werden konnte, da Versuchs- und Kontrolltiere besser aufeinander abgestimmt sind. Es ist deutlich weniger Zucht erforderlich, um die für die Versuche erforderliche Anzahl von Mäusen zu erhalten.
  • Der Transport lebender Tiere wird reduziert, indem stattdessen gefrorene Embryonen oder Spermien transportiert werden. Gegenwärtig werden 50 % aller importierten Mäuse als gefrorene Zellen geliefert. Dies reduziert den Transportstress für lebende Tiere signifikant und verringert auch die Anzahl der Mäuse, die zur Etablierung eines neuen Stammes benötigt werden.

Replace / Vermeidung

  • Einige wissenschaftliche Fragen können mit alternativen Methoden beantwortet werden, zu denen zum Beispiel computergestützte Modelle und Zellkulturen gehören. Es ist sowohl eine rechtliche als auch moralische Verpflichtung, alternative (tierversuchsfreie) Methoden wo immer möglich einzusetzen. Das MPI-CBG baut weitestgehend auf diese alternativen Ansätze, bevor der Einsatz von Tiermodellen überhaupt in Erwägung gezogen wird. Darüber hinaus werden derzeit fast 30 % unserer Tiere nur zur Gewinnung von Zellen und Geweben für Zellkulturen eingesetzt, das heißt, es werden keine Experimente durchgeführt.

Refine / Verbesserung

  • Seit 2017 setzen wir für die Genotypisierung von Mäusen zunehmend Mundschleimhautabstriche anstelle von Schwanzbiopsien ein. Schleimhautabstriche haben den Vorteil, dass sie nicht invasiv sind und daher die durch Schwanzbiopsien verursachten Schmerzen und Ängste deutlich reduziert werden.
  • Die gesamte Haltung und der größte Teil der technischen und experimentellen Arbeiten werden von unserem gut ausgebildeten Personal des Biomedical Services (BMS) durchgeführt, um die bestmögliche Pflege und technische Expertise zu gewährleisten. Experimentelle Verfahren, die nicht einfach standardisiert werden können oder einen wichtigen Schritt zur Datengewinnung darstellen (wie die In-utero-Elektroporation), werden nach intensiver Schulung von den Forschern selbst durchgeführt.
  • Ein zentralisierter Service der BMS-Leitung und des Tierarztes und des Tierschutzbeauftragten umfasst eine ausführliche Anleitung für die Planung von Tierversuchen mit besonderem Schwerpunkt auf dem 3R/4R-Prinzip sowie die Folgebetreuung während der Versuchsarbeit (tierärztliche und technische Unterstützung).
     

Responsibility / Verantwortung

  • Die BMS hat für alle Tiere, die nicht mehr für Versuchszwecke benötigt werden und für die Abgabe an Privatpersonen in Frage kommen, ein Rehoming-Projekt eingerichtet. Seit 2017 wurden alle Frettchen, die aus den Versuchen entlassen wurden, erfolgreich als Haustiere vermittelt. Im Jahr 2018 haben wir ein ähnliches Programm mit Ratten begonnen und dabei alle lebenden Ratten erfolgreich abgeben können.
  • Die BMS organisiert in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden einen jährlichen Kompetenzkurs für Wissenschaftler und Techniker (entspricht dem früheren FELASA B) und bietet ganzjährig die Möglichkeit zum praktischen Training vor Ort. Innerbetrieblich organisierte Fortbildungsseminare sorgen für eine kontinuierliche Weiterbildung zu den neuesten Entwicklungen in der Versuchstierkunde.