Komplexe gekrümmte Oberflächen meistern

Neuer Algorithmus macht effiziente Untersuchung biophysikalischer Phänomene möglich.

Simulation des Transports fluoreszenter Proteine in der Membran des endoplasmatischen Retikulums einer Zelle. © Abhinav Singh / MPI-CBG

Biophysikalische Prozesse, die auf gekrümmten Oberflächen auftreten, wie beispielsweise die Diffusion von Proteinen in der Membran einer Organelle, sind seit jeher eine große Herausforderung für Berechnungsmodelle. Herkömmliche Ansätze für solche Phänomene gehen von einer flachen Oberfläche aus, um die Modellierung zu vereinfachen und die Phänomenologie vorherzusagen. Der Grund dafür ist, dass das Lösen von Differentialgleichungsmodellen auf gekrümmten Oberflächen schwierig und rechenintensiv ist. Zellteile sind jedoch in der Regel nicht flach, sondern gekrümmt. Um die Komplexität räumlich-zeitlicher Dynamik auf gekrümmten Oberflächen wirklich zu verstehen, brauchen wir genaue Berechnungsmethoden. Man stelle sich beispielsweise vor, dass man die Bewegung eines Membranproteins auf einem unebenen Teil einer Zelle anhand von Mikroskopie-Videos des fluoreszierend markierten Proteins beobachten will. Wenn wir annehmen, dass der unebene Membranteil flach ist, werden unsere Antworten nicht sehr genau sein. Daher braucht man bessere Methoden, um die Bedeutung der Form zu berücksichtigen.

In einer kürzlich im Fachmagazin „Journal of Scientific Computing“ veröffentlichten Studie hat die Forschungsgruppe von Ivo Sbalzarini, TU Dresden-Professor am Zentrum für Systembiologie Dresden (CSBD), Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) und Dekan der Fakultät Informatik der TU Dresden, einen innovativen skalierbaren Algorithmus entwickelt, der es ermöglicht, die Krümmung und Form einer Oberfläche in biophysikalischen Modellen genau zu berücksichtigen. Dies vereinfacht die Simulation von zellulären Phänomenen auf gekrümmten Membranen, ohne dass die Genauigkeit darunter leidet.

Der Erstautor der Studie, Abhinav Singh, erklärt: „Dieser neue Algorithmus vereinfacht die Rechenvorgänge, indem er sich direkt auf die Oberflächendatenpunkte selbst konzentriert und die Berechnungen auf eine Weise durchführt, die einen effizienteren Rechenprozess zulässt. Die Ergebnisse bestätigen die beeindruckende Leistungsfähigkeit des Algorithmus im Umgang mit komplexen, gekrümmten Oberflächen. Wir haben den neuen Algorithmus als Open-Source-Software in die skalierbare wissenschaftliche Rechenplattform OpenFPM eingebracht, so dass er für Forschende auf der ganzen Welt verfügbar ist und mit wenigen Zeilen Code auf Supercomputern läuft.“

Alejandra Foggia, die Mitautorin der Studie, kommentiert: “Wir haben unsere neue Methode mit den herkömmlichen Methoden zur Berücksichtigung der Unebenheiten von Oberflächen verglichen. Unsere neue Methode ist einzigartig und kann schneller simulieren, wodurch wir bessere Ergebnisse erzielen. Das macht sie besonders nützlich für die Biologie und hilft uns, die Komplexität biologischer Oberflächen zu verstehen.”

Ivo Sbalzarini fasst zusammen: “Die Idee hinter diesem Algorithmus ist elegant und einfach, aber höchst innovativ. Es ist ein großer Fortschritt in unserer Fähigkeit, komplexe biologische Phänomene auf gekrümmten Oberflächen zu untersuchen. Dies könnte den Weg ebnen, um die Kopplung zwischen aktiver Mechanik und chemischen Prozessen auf Membranen und anderen biologischen Oberflächen zu untersuchen.”

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Originalpublication

Abhinav Singh, Alejandra Foggia, Pietro Incardona & Ivo F. Sbalzarini: A Meshfree Collocation Scheme for Surface Differential Operators on Point Clouds. J Sci Comput 96, 89 (2023). https://doi.org/10.1007/s10915-023-02313-3