Um grundlegende biologische Fragen beantworten zu können, werden modernste Bildgebungstechnologien benutzt, die große Mengen an Bilddaten erzeugen. So kann beispielsweise die quantitative Analyse von Zeitrafferfilmen über die Entwicklung von Fruchtfliegen-Embryos - mit einem Lichtschicht-Mikroskop aufgenommen – mehrere Tage dauern. Es wurde daher immer deutlicher, dass es einen starken Bedarf an einer allgemeinen Beschleunigung der Bildverarbeitung gibt.
Grafikprozessoren (GPUs) ermöglichen Bildverarbeitung mit sehr hoher Geschwindigkeit. Die Nutzung von GPUs für wissenschaftliche Zwecke ist allerdings nicht trivial. Die potenziellen Vorteile der GPU-Beschleunigung sind weltweit bekannt und werden bereits projektbezogen genutzt. In ImageJ/Fiji, einer unter biomedizinischen Forschern sehr weit verbreiteten Softwareanwendung, fehlte jedoch bisher ein generisches GPU-beschleunigtes Bildverarbeitungs-Toolkit.
Informatiker der Gene Myers Forschungsgruppe am Zentrum für Systembiologie Dresden (CSBD) und dem MPI-CBG haben nun gemeinsam mit Kollegen des Chan Zuckerberg Biohub in San Francisco ein solches Software-Toolkit namens CLIJ für ImageJ und Fiji entwickelt. CLIJ kann die Dauer von typischen Bildverarbeitungs-Workflows sehr stark reduzieren. Was vorher Stunden gedauert hat, kann jetzt in Minutenschnelle erledigt werden. In ihrer jüngsten Veröffentlichung in Nature Methods beschreiben die Forscher detailliert das Beschleunigungspotenzial der GPU-basierten Bildverarbeitung.
Die neuartige Software ist frei verfügbar, vollständig Open-Source und besonders benutzerfreundlich. Sie wurde zusammen mit einer außergewöhnlich detaillierten Benutzerdokumentation, Beispielcodes und Erläuterungen zu verschiedenen Programmiersprachen veröffentlicht. Sie senkt damit die Einstiegshürde für Wissenschaftler, die an einer GPU-Beschleunigung interessiert sind. Darüber hinaus läuft CLIJ auf den Grafikkarten der großen Hersteller Intel, AMD und NVidia sowie unter den gängigen Betriebssystemen Windows, MacOS und Linux.
Robert Haase, Erstautor der Publikation, sagt: "Wir konnten zeigen, dass einige CLIJ-Operationen auf dem GPU bis zu 200mal schneller liefen als ihr Gegenstück in ImageJ. Ein Beschleunigungsfaktor von 200 bedeutet, dass das, was zuvor drei Monate gedauert hat, nun an einem einzigen Tag... quasi vor dem Mittagessen erledigt werden kann. Wir haben CLIJ komplett offen gemeinsam mit der Community entwickelt. Eine unserer Hauptmotivationen war es, es Wissenschaftlern zu ermöglichen, die Vorteile von GPU-Beschleunigung zu nutzen, ohne dass dafür Hochleistungs-Rechenexperten einbezogen werden müssen."
Der Leiter der Arbeit, Gene Myers, fügt hinzu: "Wir können bereits sehen, welche positiven Auswirkungen CLIJ in der wissenschaftlichen Community hat. Es kann Projekte ermöglichen, die bisher nicht durchgeführt werden konnten, weil sie einfach zu lange gedauert haben. Laut den ersten Anwendern ist CLIJ ein Wendepunkt in der Bildverarbeitung."
Verarbeitung von Bilddaten mit CLIJ © Robert Haase, CSBD/MPI-CBG, Bildnachweis: Daniela Vorkel
Robert Haase, Loic Alain Royer, Peter Steinbach, Deborah Schmidt, Alexandr Dibrov, Uwe Schmidt, Martin Weigert, Nicola Maghelli, Pavel Tomancak, Florian Jug, Eugene W Myers. "CLIJ: GPU-accelerated image processing for everyone." Nature Methods, 18 November, 2019, DOI: 10.1038/s41592-019-0650-1