Proteinfreunde

Proteincluster können sich in Lösungen mit Konzentrationen bilden, die weit unter der Grenze für Phasentrennung und die Bildung biomolekularer Kondensate liegen.

Phasentrennung von Proteinen. Schematische Darstellung des breiten Spektrums von Proteinarten, deren Größe und Häufigkeit mit der Konzentration auch unterhalb der Schwellenwerte für die Kondensatbildung kontinuierlich zunehmen. Die Grauskala stellt die Proteinkonzentration dar. © Mrityunjoy Kar and Rohit Pappu

Jede Zelle enthält Millionen von Proteinmolekülen. Einige von ihnen haben die Fähigkeit zur Phasentrennung, bei der nicht-membrangebundene Kompartimente innerhalb der Zelle gebildet werden, die als biomolekulare Kondensate bezeichnet werden. Die Forschungsgruppe von Anthony Hyman, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden, entdeckte, dass diese Kondensate in der Biologie weit verbreitet sind und dass sie für verschiedene zelluläre Funktionen von Bedeutung sind. Bisher ging man davon aus, dass Proteine unterhalb der Schwellenwerte von Phasentrennung in Lösungen löslich bleiben.

In einer aktuellen Studie aus den Forschungslaboren von Anthony Hyman (MPI-CBG) und Rohit Pappu an der Washington University in St. Louis, USA, in Zusammenarbeit mit Kollegen von der University of Cambridge, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Technischen Universität Dresden in der Fachzeitschrift PNAS, haben Forschende überraschende Ergebnisse im Verhalten von wichtigen Proteinen in Lösungen mit extrem niedrigen Konzentrationen von phasentrennenden Proteinen gefunden. „In lebenden Zellen sind die Konzentrationen von phasentrennenden Proteinen oft niedriger als die gemessenen Schwellenkonzentrationen, die zur Bildung von Kondensaten erforderlich sind. Bisher ging man davon aus, dass in diesen so genannten subsaturierten oder untergesättigten Lösungen die Proteine als unverbundene Einheiten verstreut sind. Unsere Experimente zeigen uns jedoch das Gegenteil. Wir fanden überraschenderweise heraus, dass ungesättigte Lösungen ein vielfältiges Spektrum von Proteinen enthalten, die wir als Cluster bezeichnen,“ sagt Mrityunjoy Kar, ein Forscher im Hyman-Labor und Hauptautor der Studie, und fährt fort: „Die Cluster sind keine biomolekularen Kondensate, die durch eine Phasengrenzfläche voneinander abgegrenzt sind.“ Furqan Dar, Doktorand im Labor von Pappu, fügt hinzu: „Der Prozess der Clusterbildung, der durch Theorien und Berechnungen auf der Grundlage der Physik von assoziativen Polymeren vorhergesagt wird, beinhaltet eine kontinuierliche Entwicklung der Clustergrößen und -verteilungen mit zunehmender Konzentration.“
 
Die Funktion dieser Proteincluster ist noch unbekannt und wird Gegenstand künftiger Studien sein. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen die Gesamtheit der Proteinarten, die sich bilden können und die für die Phasentrennung verantwortlich sind. In den nächsten Schritten müssen nun die Funktionen von Clustern in gesättigten Lösungen erforscht werden, da diese Konzentrationen, bei denen sie sich bilden, in lebenden Zellen relevant sind,“ sagt Rohit Pappu. „Das Wissen, dass solche Cluster existieren, eröffnet die Möglichkeit, ihre funktionelle Bedeutung zu untersuchen,“ fasst Anthony Hyman zusammen.