Wie das Zebra zu den Streifen kam

Mathematisches Modell zeigt, dass die Form eines Tieres die Musterbildung beeinflussen kann.

© Evelin Bergmann

Viele Tiere haben gemusterte Felle, Federn oder Schuppen, wie die Streifen eines Zebras. Die Ausrichtung der Streifen kann entscheidend für eine effektive Funktionsweise sein. Oft hängt die Ausrichtung von der Position am Körper ab. Bei einem stehenden Tiger oder Zebra sind die Streifen vertikal um den Rumpf und horizontal um die Beine ausgerichtet. Bei Zebras kann auch die Breite der Streifen unterschiedlich sein. Wie die Ausrichtung der Muster während der Entwicklung angeordnet und strukturiert wird, ist bisher noch unbekannt.
 
Postdoktorand Michael Staddon aus der Forschungsgruppe von Carl Modes am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden und am Zentrum für Systembiologie Dresden (CSBD) hat nun ein neues mathematisches Modell entwickelt, das auf dem klassischen Turing-Modell basiert und bei dem die Ausrichtung des Musters durch die Form der Oberfläche beeinflusst wird.
 
Ein mathematisches Modell, das als Turing-Modell bekannt ist und nach dem Mathematiker Alan Turing benannt wurde, erklärt, wie Muster auf natürliche Weise in biologischen Systemen entstehen können. Es wurde 1952 als Möglichkeit entwickelt, um zu beschreiben, wie interagierende Chemikalien, sogenannte „Morphogene“, diffundieren und miteinander reagieren, um Muster zu erzeugen. Normale Turing-Modelle erzeugen jedoch Muster ohne eine bestimmte Richtung, während diese Muster in der Natur oft in bestimmte Richtungen verlaufen.
 
„Unsere Theorie erklärt, wie Turing-Muster, wie die Streifen auf Tigern und Zebras, mit der Form und den Kurven des Körpers übereinstimmen. Ihre Streifen verlaufen um die Beine und den Rumpf herum, also in Richtung der stärksten Krümmung. In dem von uns entwickelten mathematischen Modell ist die Musterausrichtung der Streifen an die Krümmung der Oberfläche gekoppelt“, erklärt Michael Staddon.
 
Das Modell basiert auf der Annahme, dass die Oberflächenkrümmung eines Tieres die Diffusionsrate in einem Muster beeinflussen und dazu beitragen kann, die korrekte Ausrichtung von Mustern, wie beispielsweise Zebrastreifen, durch Simulationen zu erklären. Während der frühen Entwicklung von Embryonen sind die Oberflächenkrümmungen viel ausgeprägter als bei Erwachsenen, sodass die Auswirkungen auf die Musterbildung stärker sein können.
 
„Unser Modell deutet darauf hin, dass die Form eines Tieres die Musterbildung beeinflussen kann, ohne dass komplexe räumliche Signale erforderlich sind. Das Modell stellt eine neue Möglichkeit dar, Reaktions-Diffusions-Modelle wie das Turing-Modell mit Informationen über die lokale Krümmung anstelle von großräumigen Signalen zu verknüpfen“, erklärt Michael Staddon. Außerdem könnte das Modell auf stärker gekrümmte Bereiche erweitert werden, beispielsweise auf die frühe Embryonalentwicklung, wenn Tiere bohnenähnliche Formen haben. Ich kann mir vorstellen, dass der Unterschied in der Fellfarbe zwischen Bauch und Rücken bei vielen Säugetieren mithilfe dieses krümmungsbasierten Ansatzes zur Musterbildung modelliert werden könnte.“

Originalpublikation

Michael F. Staddon. How the zebra got its stripes: Curvature-dependent diffusion orients Turing patterns on three-dimensional surfaces. Phys. Rev. E 110, 034402 (2024) Published September 3, 2024