Fruchtbarkeit und Temperaturschwankungen

Dresdner und Tübinger Forschende zeigen, dass Fadenwürmer ihre Fruchtbarkeit im Laufe der Evolution an unterschiedliche Temperaturen angepasst haben.

Bild von Pristionchus pacificus: zu sehen sind ein Männchen, ein Hermaphrodit und zwei Embryonen. © Mark Leaver / MPI-CBG

Temperaturschwankungen können für Organismen eine Belastung sein. Aufgrund des Klimawandels müssen sich Populationen von Organismen auf Temperaturveränderungen einstellen, was bedeutet, dass sie sich möglicherweise an höhere Temperaturen anpassen müssen. Besonders ektotherme Arten, die in erster Linie auf äußere Wärmequellen wie die Sonne angewiesen sind, um ihre ideale Körpertemperatur aufrechtzuerhalten, sind davon betroffen. Daher ist es wichtig zu verstehen, ob sich ektotherme Arten so entwickelt haben, dass sie sich an die Umwelttemperatur anpassen können, und welche evolutionären Prozesse dabei eine Rolle spielen.

Forschende des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden und des Max-Planck-Instituts für Biologie in Tübingen haben den Fadenwurm Pristionchus pacificus untersucht, um seine Anpassung auf der Insel La Réunion im Indischen Ozean mit einem Temperaturbereich von der Küste bis zum Gipfel zu untersuchen. „Meine Kollegen aus dem Labor von Ralf Sommer vom MPI in Tübingen und ich sammelten auf der Insel Nematoden an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Temperaturen. Dabei haben wir herausgefunden, dass Pristionchus pacificus aus wärmeren Küstenregionen bei wärmeren Temperaturen eine höhere Fruchtbarkeit aufweisen.  Im Gegensatz dazu haben Pristionchus pacificus aus kälteren Bergregionen eine höhere Fruchtbarkeit bei kühleren Temperaturen“, erklärt Mark Leaver, der Erstautor der Studie, die in der Fachzeitschrift Evolution veröffentlicht wurde. Er fährt fort: „Dies ist die erste Studie, in der Hunderte dieser Fadenwurmstämme systematisch untersucht wurden, um die Fruchtbarkeit zu messen.“ Um die evolutionären Beziehungen zwischen den verschiedenen Stämmen von Pristionchus pacificus zu veranschaulichen, erstellten die Forscher auch einen phylogenetischen Baum, eine Art verzweigtes Diagramm, das zeigt, wie eng die Stämme miteinander verwandt sind.

Diese Studie zeigt, wie sich der Fadenwurm Pristionchus pacificus entwickelt hat, um sich an Temperaturveränderungen anzupassen. Allerdings ist derzeit nicht bekannt, ob sich die Populationen auf La Réunion schnell genug an den anhaltenden Klimawandel anpassen könnten, um in ihrer derzeitigen geografischen Verbreitung zu überleben. Laut Mark Leaver liefern die Ergebnisse der Studie „wertvolle Informationen für Modelle, die vorhersagen könnten, ob dies der Fall ist, aber es sind weitere Untersuchungen erforderlich, um dies herauszufinden.“

 

 

 

Originalpublikation:

Mark Leaver, Eduardo Moreno, Merve Kayhan, Angela McGaughran, Christian Rödelsperger, Ralf J. Sommer, and Anthony A. Hyman: Adaptation to environmental temperature in divergent clades of the nematode Pristionchus pacificus. Evolution, 13. Juni, 2022, doi.org/10.1111/evo.14520